Erfolgreich bei der Strassen-EM in Tschechien
Nach der Hallen-EM 2011 in Gent/Belgien, der Bahn-EM 2012 in Zittau nun also erstmals eine Teilnahme an einer Straßenlauf-EM. Aller 2 Jahre finden diese Straßen-Europameisterschaften für die Seniorensportler, im englischen auch freundlicher Masters genannt, statt. In diesem Jahr war das tschechische Upice im nördlichen Sudentenland der Gastgeber. Die Veranstalter hatten im Vergleich zur EM 2011 in Frankreich mit wesentlich geringeren Anmeldezahlen zu kämpfen. Insgesamt meldeten nur 646 Teilnehmer. Letztlich ist Tschechien für uns Deutsche gut zu erreichen, von Potsdam waren das nur 4-5 Autostunden. Im Gegensatz zu den Deutschen (184 Teilnehmer) scheuten die sonst so lauf-freudigen Franzosen (8) und Spanier (23) aber offenbar zumeist die weite Anreise und wohl auch die frischen Temperaturen. Auch die Nachbarn aus Polen (12) und der Slowakei (25) waren überraschend schwach vertreten. Anmeldetechnische Schwierigkeiten sind sicher ein weiterer Grund für die im Vergleich zur EM 2011 reduzierten Teilnehmerzahlen. Im Gegensatz zu den Deutschen Meisterschaften gibt es übrigens bei Europameisterschaften keine Meldenormen was häufig zu recht bunten Teilnehmerfeldern führt. Während zum Beispiel beim 10km der Sieger in meiner Altersklasse der M45, Ryan Gerry aus Irland, nach 32:03min die Ziellinie überquerte, tummelten sich die letzten Vertreter dieser AK noch an der 5km Marke. Doch der Reihe nach.
Ich war mit Jürgen Götte und seiner Frau Sabine per Auto aus Potsdam am Donnerstag angereist. Herzliches Dankeschön an die Beiden! Jürgen wollte sich vor allem auf den Halbmarathon konzentrieren, eventuell auch die Cross-Staffel mitlaufen. Mein Schwerpunkt lag auf den kürzeren 10km und einer mögliche Platzierung mit der deutschen Cross-Staffel. Ein Blick nach der Anmeldung in Upice auf das bergige Gelände gab allerdings allzu hohen Erwartungen an gute Laufzeiten gleich zu Beginn einen kleinen Dämpfer. Am Freitag-Vormittag erfolgte eine ausgedehnte Besichtigung/Wanderung des alten Schlachtfeldes von 1866, des Krieges zwischen Österreich und Preußen, im Umfeld von Trautenau/Trutnov. So viele "Heldengrabmale" eines längst vergangenen und so sinnlosen Krieges stimmen schon recht nachdenklich ...
Vor dem 10km Lauf am Abend wurde noch einmal der Beginn der Strecke inspiziert. Insbesondere der Start am Marktplatz erschien mir sehr problematisch. Weit über 300 Läufer sollten auf ca. 10m Breite starten und schon nach etwa 60m durch ein 3m enges Tor in eine Pflasterstraße mit unregelmäßigen Bordsteinen und diversen parkenden Autos hineingeführt werden. Die Straße ging außerdem dort gleich steil bergab. Die Taktik konnte hier nur heißen: Gas geben, vorne im Feld mitlaufen und den steilen Bergablauf zu den eigenen Gunsten nutzen, statt irgendwo mitten im Feld auf dem schnellsten Teil der Strecke überhaupt auf die Bremse treten zu müssen. So geschah es dann auch (trotz einiger Verrückter die die gleiche Idee wie ich hatten ...). Unmittelbar vor dem Start konnten Robert Rohregger (TUS Eintracht Bielfeld) und ich endlich noch unseren 3. Mann für die Mannschaftswertung identifizieren. Andreas Bendiks von der TSV Burgdorf. Andreas war überrascht, dass für ihn die Möglichkeit bestand in die deutsche Mannschaft zu laufen und versprach sein Bestes zu geben.
Pünktlich um 18:00 Uhr erfolgte der Startschuss und ich konnte mich vorne gleich etwas freilaufen. Der 1. Kilometer in 3:15 war natürlich recht schnell aber das war bei dem hier stark abfallenden Streckenprofil nicht überraschend. Das Problem allerdings war es jetzt auf die Bremse zu treten. Das gelang nur unzureichend, die 3km Durchgangszeit war mit 10:05 eigentlich viel zu schnell, und auch bei 5km mit 17:05 war ich immer noch recht weit unter Plan. Dann erfolgte die Kehre bei km 5 und es ging auf der gleichen Strecke auf der anderen Straßenseite zurück, unterwegs noch anfeuern der Mannschaftskameraden, Robert und Andreas, sowie weitere Bekannter, die mir jetzt entgegenkamen. Das sah ganz gut für die Mannschaft aus. Der Gegenwind und das aufsteigende Streckenprofil machten aber jetzt doch zu schaffen, aus dem auf dem Vorfuß bergab stürmenden Mittelstreckler wurde ganz plötzlich ein gewöhnlicher, langsam, herumkrebsender Langstreckler. Beim bewussten Berg, kurz vor dem Ziel, hieß es noch einmal richtig die Zähne zusammen zu beißen. Am Ende stand eine neue Bestzeit über die 10km von 35:39, ein 7. Platz in der Einzelwertung und ein 3. Platz in der Mannschaftswertung, hinter den sehr starken Iren und den Tschechen zu Buche. Robert und Andreas hatten Wort gehalten und jeder für sich eine starke Leistung abgeliefert. Das tschechische Bier am Abend nach einer Siegerehrung schmeckt übrigens ganz besonders gut.
Am Samstag-Vormittag dann die Cross-Staffel. Organisatorisch-technische Details scheinen nicht ganz die Stärke der Veranstalter gewesen zu sein, was oft aber durch große Hilfsbereitschaft und gewinnende Freundlichkeit kompensiert wurde. Am Start der anspruchsvollen Cross-Strecke von 3x4km, waren beispielsweise keinerlei Informationen zu den anderen Teams zu bekommen. Keine Starterlisten, keine Hinweise auf Altersklassen auf den Startnummern etc. (Naja, als Nur-Teilnehmer hat man es immer sehr leicht mit der Kritik.) Nur zwei Dinge waren sehr schnell klar: Die Iren in der M45 waren wieder in Bestbesetzung anwesend. Obwohl Robert und ich mit Steffen Meyer (Rennsteiglaufverein) einen ausgezeichneten Langstreckler als 3. Mann für die Staffel dazu gewonnen hatten, sollten die Iren praktisch nicht zu schlagen sein. Deren 10km Zeiten waren 32, 32 und 34 Minuten gewesen ... Einzig erkennbares und realistisches Ziel war es am Ende die deutsche alte Herren-Riege der M50, angeführt von meinem Jürgen in die Schranken zu weisen. Das konnte Steffen dann auch auf den letzten Metern tatsächlich noch realisieren und mit deutlichen 2 Sekunden Abstand diese psychologisch hoch-wichtige Duell eindeutig zu unseren Gunsten entscheiden
Dann hieß es ein paar Stunden bei gutem tschechischen Essen in der Gaststätte und der üblichen Lauffachsimpelei auf die Auswertung, eventuell sogar auf die Siegerehrung zu warten. Am Ende war die deutsche M50-Staffel in der Besetzung (Jürgen Götte, Joerg Dietrich, Uwe Bernd) Europameister geworden und wir hatten hinter Irland in der M45 Silber gewonnen. Die bei den 10km so starken Tschechen hatten offenbar wegen des morgigen Halbmarathons auf eine Teilnahme an der Cross-Staffel in unserer Altersklasse verzichtet. Wohlverdientes Glück für uns. Am Abend gab es also wieder was zu feiern, und ausnahmsweise genehmigte ich mir ein dem Erfolg angemessenes zweites Bier ...
Mit den 2 Mannschaftsmedaillen im 10km Lauf und im Cross war mein Soll bei der EM nun schon absolut übererfüllt. Beim abschließenden Halbmarathon brannten die Oberschenkel ganz schön, das Laufen war trotz des Muskelkaters nach 2 Rennen in 2 Tagen ansonsten aber noch recht flüssig. Ich wollte Jürgen wenigstens bis zur 10km-Marke begleiten, und dann die 2. Hälfte ordentlich zu Ende bringen. Vielleicht ging nochmal in der Mannschaft was.
Der Start verlief diesmal wesentlich entspannter als beim 10km-Lauf. Wir, die all-abendliche Gaststättentruppe mit Uwe Bernd (M50/LG Rüsselheim), Jürgen Götte (M50/Lok Potsdam) und ich fand sich wie verabredet schon nach einem Kilometer zusammen, diesmal allerdings ohne Essen und Trinken, und wir liefen auch bald unseren angestrebten Schnitt von 3:40. Die 5km Marke passierten wir zusammen bei 18:15, recht genau im Plan. Km 10 wieder leicht bergauf passierten wir etwa in 37:15, Bei km 12 konnte ich Jürgen endlich in seiner M50-Gruppe die lange vor uns lief abgeben. Uwe war bei km 8-9 etwas zurückgefallen. Danach wurde es sehr schwer für mich, die Gruppe u.a. mit den 5 deutschen M50ern , die um die 3 Plätze in der deutschen Mannschaft kämpfte, entfernte sich langsam, es ging immer leicht bergauf, ich war alleine.
An der oberen Kehre bei 15.3km etwas mentale Erleichterung, nun ging es ja wieder bergab. Uwe hatte mich auch wieder erreicht , wir machten uns gegenseitig Mut. Zu zweit kann man so schön auf den Wind schimpfen, der kommt übrigens immer von vorn, von hinten spürt man den nie ... Bei 16km-Durchgang in 1:00:15 dann die letzte Zeit-Kalkulation: Noch ein paar Kilometer den Berg herunter in 3:40 jagen, dann könnte es mit einer neuen Bestzeit unter 1:20 klappen. So kam es dann auch, Uwe und ich feuerten uns wechselseitig an und die Beine liefen irgendwie wie von selbst, dann noch diesen schrecklichen Berg vor dem Marktplatz hochkraxeln, letzte Zeitkontrolle am Gipfel 1:19:35 und die letzten 60m ins Ziel sprinten 1:19:50 - persönliche Bestzeit. Ansonsten dejavu: erneut 7. Platz im Einzel, Robert und Andreas hielten Wort, gaben wieder alles, am Ende also auch da wieder ein 3. Platz in der Mannschaftswertung. Sieger diesmal in der M45 Tschechien vor Irland. Jürgen hatte leider Pech bei seinem großen Finale und verpasste mit 1:18:39 den 3. Platz in der deutschen M50-Europameistermannschaft um ganze 11 Sekunden. Trotzdem tolle Leistung Jürgen ... und umso mehr von den anderen alten Hasen da vorne Deutschland 2 u.a. mit Jürgen und Uwe wäre übrigens in der M50 immer noch ganz sicher Vize-Europameister geworden, wenn es denn erlaubt gewesen wäre ...
Insgesamt eine wunderschöne Erfahrung wieder im Nationaltrikot zu starten. Ein herzlicher Dank an alle die mitgemacht haben und die Tage bei mir in bester freundschaftlicher Erinnerung bei mir hinterlassen. Außerdem an Steffen Meyer, Jürgen Götte, Frank Apfelbaum, Robert Rohregger, Frank Löschner und Karl-Heinz-Flucke die mir ihre Fotos, bzw. die Fotos die Ihre Freundinnen oder Ehefrauen gemacht haben, zur Weiterverarbeitung überlassen haben und an meine Mannschaftskameraden Robert, Steffen und Andreas für den tapferen Einsatz bis zum letzten Meter ...